Grünkernbratlinge, Grünkernknödel, Grünkernauflauf,… das sind alles Klassiker aus der Vollwertküche, die meine Mama damals bei uns zu Hause rauf und runter gekocht hat. Manchmal vielleicht etwas zu oft! ;-) Manche, die mit der Vollwertküche nicht so vertraut sind, werden sich jetzt vermutlich fragen, was denn Grünkern genau ist. Vor allem, weil man ihn im regulären Lebensmittelhandel eher selten bekommt. In den Reformhäusern, Drogerien und Bioläden ist er jedoch ein Standardprodukt und wird dort auch oft schon fertig geschrotet angeboten. Sollte das nicht der Fall sein, kann man in den Drogerien nachfragen, ob man ihn vor Ort schroten lassen kann, falls man selber keine Getreidemühle besitzt. Von den Prokopp Reformhäusern kann ich jedenfalls mit Sicherheit sagen, dass es dort möglich ist! :-) Aber jetzt zur Geschichte des Grünkerns...
Grünkern ist im Prinzip unreif geernteter Dinkel, der in der sogenannten Milchreife geerntet wird. Das Ganze stammt ziemlich sicher aus Zeiten, in denen die Menschen nicht an jeder Ecke einen Supermarkt hatten und die jährliche Getreideernte lebensnotwendig war, um gut über den Winter zu kommen. Da auch früher das Wetter in den Sommermonaten nicht immer stabil war und es auch damals Kältephasen gab, in denen dann das Getreide einfach nicht reif wurde, hat man es einfach unreif geerntet um die Versorgung trotzdem zu sichern. Da unreifer Dinkel viel mehr Feuchtigkeit (ca. 50 %) enthält, musste dieser gedarrt werden um ihn lagerfähig zu machen. Damals geschah das unter ständigem Umschaufeln in großen Wannen über Buchenholzfeuer, was dem Grünkern auch seine charakteristische leicht rauchige Note verlieh.
Heute ist das dank unserer Wohlstandsgesellschaft, nicht mehr notwendig. Aber da sich der Grünkern in gewissen Regionen zur Spezialität entwickelte, wird er auch heute noch hergestellt. Allerdings nicht mehr über offenem Feuer, sondern in modernen Heißluftanlagen, wo einfach die Trockenluft den Buchenholzrauch ansaugt und somit dem Getreide ebenfalls die typische Rauchnote verleiht. Versuche nur mit Heißluft wurden eingestellt, da einfach der beliebte Rauchgeschmack dadurch verloren ging.
Wenn ich persönlich Grünkern verarbeite, erinnert er mich aufgrund seines Ursprungs, immer daran dass es nicht selbstverständlich ist, immer alles zur Verfügung zu haben, was mich dann eine gewisse Demut und Achtung unseren Vorfahren gegenüber empfinden lässt. Die waren zwar technisch vielleicht nicht so fortschrittlich, jedoch waren sie tagtäglich mit den Naturgewalten konfrontiert und wussten sich durchaus zu helfen. Etwas, das uns in unserer modernen Zeit meiner Meinung nach doch leider etwas verloren gegangen ist.
Grünkern soll laut TCM übrigens eine stärkende Wirkung auf Leber und Blut haben und wird daher auch gekocht als leberreinigende Getreidekur empfohlen. Er wirkt wärmend und soll außerdem Nässe in Form von Wasseransammlungen und Ödemen transformieren. Gegen Hysterie soll er auch helfen… das konnten unsere Vorfahren im Bezug auf drohende Lebensmittelknappheit bestimmt bestätigen! ;-) Aber auch von den Inhaltsstoffen her, kann diese Wirkung (wieder einmal) bestätigt werden, enthält Grünkern doch reichlich B-Vitamine und Mineralstoffe, welche sich sehr positiv auf unser Nervensystem auswirken.
Meine Grünkernknödel habe ich diesmal mit einem Paradeiskraut zubereitet, das sehr gut dazu harmoniert. Das grüne Wildkräuterpesto verstärkt in diesem Gericht noch die Wirkung auf unsere Leber. Aber auch eine Schwammerl- oder Kapernsauce würde gut dazu passen. Ich persönlich koche diese Knödel auch gerne als Einlage für klare Suppen. Aber probiert es einfach selbst aus, wie ihr sie am liebsten mögt! ;-)
GRÜNKERNKNÖDEL MIT PARADEISKRAUT
UND WILDKRÄUTERPESTO
REZEPT FÜR 4 PERSONEN
Knödel:
220 g Grünkern, mittelfein geschrotet
1 Zwiebel, fein gewürfelt
50 g Butter
500 g Gemüsebrühe oder Wasser
2 Eier
1 Prise Muskatnuss, frisch gemahlen
½ ML Piment gemahlen
½ ML Galgant gemahlen
3 TL Majoran gerebelt
Ursalz
Kraut:
700 g Kraut, in ca. 1 cm große Würfel geschnitten
1 Zwiebel, fein gewürfelt
2 – 3 EL Olivenöl nativ
2 EL Tomatenmark
1 Schuss Weißwein trocken
600 g Fleischtomaten, gewürfelt
5 Wacholderbeeren
5 Gewürznelken
2 Lorbeerblätter
2 Rosmarinzweiglein
2 – 3 TL Ahornsirup
Ursalz
Pesto:
1 Hand voll (Wild-)Kräuter (zB Brennnessel, Liebstöckel, Petersilie, Karottengrün, Dost, Salbei, Giersch, Ysop, Melde, …), grob geschnitten
30 g Hanfsamen geschält
110 g Olivenöl nativ
Ursalz
Butter in einem Topf zerlassen, Zwiebel hinzufügen und glasig anschwitzen. Jetzt den Grünkernschrot hinzufügen und unter Rühren mitrösten, bis das Ganze zu duften beginnt. Von der Flamme nehmen und mit Gemüsebrühe aufgießen. Gut einrühren und wieder auf die Herdplatte stellen und unter Rühren einkochen lassen, bis sich die Grünkernmasse vom Topfboden löst – wie bei einem Brandteig. Das Ganze flächig in eine große Schüssel streichen (so kühlt es schneller aus) und ca. 20 min. auskühlen lassen.
In der Zwischenzeit für das Kraut in einem großen Topf Olivenöl erhitzen. Kraut und Zwiebel hinzufügen und ordentlich goldbraun rösten. Tomatenmark hinzufügen und unter Rühren kurz weiterrösten. Mit Weißwein ablöschen und kurz einreduzieren lassen. Tomatenwürfel, Gewürze und Rosmarin unterrühren. Deckel aufsetzen und auf mittlerer Flamme ca. 20 - 30 min. köcheln lassen. Gegebenenfalls Hitze reduzieren. Das Kraut ist fertig, wenn sich die Tomaten verkocht haben und das Ganze eine saftig, leicht sämige Konsistenz erreicht hat. Dann mit Ahornsirup und Ursalz fertig abschmecken. Warm halten. Sollte die Flüssigkeit zu viel einreduziert sein, kann man später noch ein, zwei Schöpfer vom Knödelkochwasser hinzufügen.
Einen großen Topf mit Wasser aufstellen und zugedeckt zum Kochen bringen.
In der Zwischenzeit die Eier zur Grünkernmasse hinzufügen und samt den restlichen Gewürzen gut unterkneten, sodass eine gut formbarer Teig entsteht. Mit Gewürzen und Ursalz kräftig abschmecken und nochmals gut durchkneten. Anschließend 16 ca. golfballgroße Knödeln formen. Diese ins den Topf mit kochendem Wasser geben und auf mittlerer Flamme ca. 25 Minuten leicht köcheln bzw. ziehen lassen.
In der Zwischenzeit für das Pesto die Hanfsamen ohne Fett in einer Pfanne rösten, bis sie leicht goldbraun sind. Sofort aus der Pfanne nehmen und auf einem Teller kurz auskühlen lassen. Die Kräuter in einen hohen Mixbecher mit dem Olivenöl geben und samt den Hanfsamen mit dem Stabmixer pürieren, sodass ein grünes Pesto entsteht.
Jetzt die Knödel aus dem heißen Wasser nehmen und kurz abtropfen lassen. Auf dem Paradeiskraut und mit etwas Pesto darüber anrichten. Mit essbaren Blüten nach Wahl garnieren.
Sollte Pesto übrigbleiben - einfach in einem Schraubglas im Kühlschrank aufbewahren und über Pasta, Salate, Getreide, Eiergerichte, etc. geben.
PS: Ich schreibe meine Rezepte bewusst nicht im Zyklus der Elemente auf (außer es ergibt auch rezepttechnisch Sinn), da das für Menschen, die nicht TCM-kundig sind unlogisch und möglicherweise zu kompliziert wird. Aber natürlich können die TCM-Freunde die einzelnen Zutaten der Zyklus-Reihenfolge entsprechend hinzufügen. Am wichtigsten ist einfach, dass man mit einer guten, liebevollen Gesinnung und mit vollem Bewusstsein (genau dafür sorgt nämlich auch das "Im-Kreis-Kochen"...) ;-) kocht! Und das hat meiner Erfahrung nach mehr Auswirkungen auf ein Gericht, als jede Reihenfolge.